5. Die neue EU-Kommission will den Green Deal um industrie- und wirtschaftspolitische Aspekte ergänzen. Wie sehen Sie das Verhältnis von Klimaschutz und Industriepolitik?
Fabian Gramling MdB: Klimaschutz und Industriepolitik müssen Hand in Hand gehen. Klimaschutz wird nur dann erfolgreich sein, wenn unsere europäische Industrie Produkte entwickelt und herstellt, die nachhaltiger und gleichzeitig günstiger sind als bisherige Alternativen. Fehlt eine solche Strategie, wird die Produktion ins außereuropäische Ausland verlagert und findet dort oft unter deutlich schlechteren Bedingungen für Mensch, Umwelt und Klima statt.
Mario Sickinger: Der europäische Green Deal verfolgt das ehrgeizige Ziel, Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Dabei ist es entscheidend, Klimaschutz und Industriepolitik nicht gegeneinander auszuspielen, sondern eng miteinander zu verzahnen. Wir setzen uns dafür ein, dass die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten alle relevanten Akteure – von der Wirtschaft über die Zivilgesellschaft bis hin zu den Gewerkschaften – aktiv in die Gestaltung einer nachhaltigen europäischen Wirtschafts- und Industriepolitik einbinden. Starke Sozialpartnerschaften, faire Arbeitsbedingungen und hohe soziale Standards sind dabei unerlässlich. Unternehmen, die von staatlichen Subventionen und Transformationsprogrammen profitieren, tragen eine besondere Verantwortung: Sie müssen nicht nur die Klimaneutralität vorantreiben, sondern auch langfristig gute, tarifgebundene Arbeitsplätze in Europa schaKen. Ein sozial gerechter Übergang ist der Schlüssel zu einem erfolgreichen und nachhaltigen Green Deal.
Michael Georg Link MdB: Wir Freie Demokraten wollen die europäischen Klimaziele sicher und so kostengünstig wie möglich erreichen. Dabei setzen wir auf einen einheitlichen europäischen Emissionshandel. Um die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erreichen und faire Wettbewerbsbedingungen für die europäische Industrie sicherzustellen, setzen wir uns für einen internationalen Emissionshandel mit einem globalen CO2-Preis ein. Berichtspflichten aus dem „Green Deal“ wollen wir abschaffen. Denn Regelungen wie die EU-Taxonomie, die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive), die EU-Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive) oder der Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft sorgen nicht für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit, sondern in erster Linie für Frust in den Betrieben. Die Erweiterung der bestehenden Taxonomie um eine Sozial-Taxonomie lehnen wir strikt ab.
Alexander Throm MdB: Deutschland erlebt momentan eine tiefgreifende De-Industrialisierung. De-Industrialisierung und Wohlstandsverlust drohen künftigen Generationen genauso, wie die Folgen des Klimawandels. Wir müssen Umwelt- und Klimaschutz immer mit wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung zusammendenken. Klimaschutz braucht eine starke Wirtschaft, Ökologie und Ökonomie funktionieren nur zusammen. Ohne eine wettbewerbsfähige Wirtschaft kann es keinen nachhaltigen Klimaschutz geben, ohne Klimaschutzmaßnahmen keine nachhaltige Modernisierung unserer Volkswirtschaft.