15. Was soll die nächste Bundesregierung angesichts von autoritären Regierungen in einzelnen EU-Staaten tun, um die Rechtsstaatlichkeit in Europa besser zu verteidigen?
Fabian Gramling MdB: Die Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit in allen EU-Mitgliedstaaten muss konsequent gewährleistet werden. Klare Mechanismen wie der Rechtsstaatsmechanismus sind dafür unerlässlich, um Verstöße zu ahnden und finanzielle Mittel an die Einhaltung unserer gemeinsamen Werte zu knüpfen. Gleichzeitig halte ich einen engen Dialog mit den betroffenen Staaten für wichtig, um Lösungen zu finden, die im Einklang mit den europäischen Prinzipien stehen.
Mario Sickinger: Wenn grundlegende Prinzipien der EU missachtet werden, muss die EU ihren Wertekanon nachdrücklich auch gegenüber Mitgliedstaaten schützen. Wir wollen künftig noch konsequenter gegen all jene vorgehen, die unsere gemeinsamen Werte innerhalb der EU verletzen. Dafür müssen bestehende Schutzinstrumente bei Rechtsstaatsverstößen, von Vertragsverletzungsverfahren bis hin zur Entziehung der Stimmrechte, deutlich konsequenter als bisher eingesetzt und fortentwickelt werden. Darüber hinaus setzen wir uns für verschärfte finanzielle Sanktionsmöglichkeiten und ein unabhängiges Kontrollgremium zur Überwachung des konsequenten Einsatzes bestehender Instrumente ein.
Michael Georg Link MdB: Wir Freie Demokraten wollen den Rechtsstaatsmechanismus stärken. Künftig soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) auf Antrag eines Mitgliedstaats, der Europäischen Kommission oder des Europäischen Parlaments EU-Gelder für Mitgliedstaaten einfrieren können, wenn diese die Werte der Union verletzen. Der derzeitige Rechtsstaatsmechanismus erlaubt es der Kommission, EU-Gelder einzufrieren, wenn ein Mitgliedstaat rechtsstaatliche Standards im Zusammenhang mit EU-Geldern verletzt. Wir wollen das Verfahren auf die Verletzung aller Werte der Union ausweiten, unabhängig davon, ob EU-Gelder betroffen sind. Statt einer politischen Entscheidung soll das Einfrieren der Gelder vom EuGH angeordnet werden.
Alexander Throm MdB: Die Achtung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie die Werte der liberalen Demokratie gehören zu den Grundfesten der Europäischen Union. Wir erleben jedoch, wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa zunehmend herausgefordert werden: Sowohl von außen, etwa durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, als auch von innen durch das Erstarken antiliberaler und antidemokratischer Kräfte und Parteien. Populisten setzen die europäische Demokratie immer mehr unter Druck. Ihnen entgegenzutreten sowie unsere Freiheit und offene Gesellschaft zu verteidigen, sind zwei Seiten derselben Medaille. Zur Demokratie gehört Meinungsfreiheit. Soziale Medien sind wichtige Plattformen für Meinungsaustausch und demokratische Willensbildung. Dabei sind hetzerische Parolen im Netz nicht von der Meinungsfreiheit geschützt. Gegen Hass und Hetze sowie Desinformation im Netz müssen wir daher aktiver vorgehen. Bereits heute gibt es Möglichkeiten, um schwerwiegende Verletzungen der Grundwerte durch einzelne Mitgliedstaaten festzustellen und zu sanktionieren. Diese Spielräume müssen von der EU-Kommission konsequenter zur Anwendung gebracht werden