Raffael Weinerts Wettbewerbsbeitrag

Unser ganz persönlicher Favorit beim diesjährigen 67. Europäischen Wettbewerb ist Raffael Weinerts Beitrag, den wir Ihnen hier vorstellen. Davor möchten wir Sie noch darüber informieren, dass die Aufgaben für das kommende Schuljahr bereits online sind. Der inzwischen 68. Europäische Wettbewerb beleuchtet die Perspektive von Kindern und Jugendlichen auf die Digitalisierung: „Digital EU – and YOU?“ Wie hat sich die Lebenswelt der Kinder durch die Digitalisierung verändert und kann ein Roboter einen menschlichen Freund ersetzen? Welche kreativen Ausdrucksformen sind erst durchs Internet möglich geworden? Wie haben soziale Medien unsere Kommunikation verändert? Und welche Auswirkung hat die Digitalisierung auf unsere Umwelt?

Der Mensch ist ein Wächter

Eingepackt, gestopft, gepfropft in Formgussbildungen,
Rationalität gepaart mit Überschwung.
Getränkt vom eigenen Fleisch und Blut,
tritt der Berserker die Köpfe wie Trauben zu Brei.

Die Tugend aus der Rolle genommen,
diese an sich geklebt, als Abbild,
den Schein zu Strahlen bügeln.
Verstand scheint durch die Feuer,
wie die Haut von Knochen geflossen.

Wie als würden sie in die Sterne sehen,
Vergangenheit, geformt durch Licht.
Gestandene Leute, vergänglich vergangen.
Die Gegenwart in Nebel nur mit rot und schwarz gemalt.

Mensch sein heißt töten, Mensch sein heißt haben.
Der Besitz, die Wiege der Nation,
der Verlust, der anderen Ration.

Der Teufel ist nur böse, wenn er gegen dich ist.

Doch, muss das wirklich alles sein?
Sind wir wirklich so gestrickt,
so geschachtelt, so gebunden?

Betitelt als die Spitze der Schöpfung,
doch sein größter Widersacher selbst.
Mensch sein heißt fühlen, Mensch sein heißt heilen.
Formgebend handeln, Leben bewahren.

Doch der Tunnelblick, nur am Spiegel leckend,
sein Wissen, das einfache Leben bedeckend,
Jeder Gedanke kann Welten erschaffen,
Formen bilden, glänzende Freude machen.

Geformte Gestalt, mit Gaben bestückt.
Er fließt durch die Zeit, Wissen gepflückt.
Die Macht zu schützen, was entsteht,
zu formen, was zum Himmel geht.

Schäumend prescht der Lauf der Zeit,
die Münze fällt, Entscheidung naht.
Nun wird es sich wandeln,
Mensch sein heißt handeln.

(Raffael Weinert)

Zu diesem wunderbaren und nun auch preisgekrönten Gedicht hat der Dichter noch Erklärungen beigefügt, die wir Ihnen ebenfalls mit vorstellen möchten.

Welchen zukünftigen Ansprüchen müssen Politik und Architektur gerecht werden?

Als meine Großmutter jung war, befand sich Europa, ausgehend von Deutschland im Krieg. Damals hätte sich niemand eine deutsch-französische Freundschaft vorstellen können und doch existiert sie heute schon viele Jahrzehnte. Meine Mutter wurde vor 35 Jahren auf einer Friedensdemo gefragt, was das denn für einen Sinn habe, da der Eiserne Vorhang niemals fallen würde, zumindest nicht solange sie lebten. Sie antwortete, dass sie auch glaubt, dass sie es nicht mehr erleben wird, jedoch habe man es so wenigstens versucht. Wenige Jahre später geschah das Unglaubliche: Die Berliner Mauer fiel. In der Zeit des kalten Krieges gab es eine strikte Trennung von Ost und West. Es gab keine Reisefreiheit zwischen Ost und West und so gut wie keine Möglichkeit miteinander in Kontakt zu treten, Familienmitglieder zu besuchen oder Freundschaften zu schließen. Für die Menschen im Westen war es damals unvorstellbar, dass Staaten des Warschauer Paktes einmal zur Europäischen Union gehören würden. Heute ist es selbstverständlich in Deutschland Russen, Tschechen und Polen zu treffen. Aus dem Todesstreifen der Grenze wurde ein Zeichen des Naturschutzes und des Friedens. Die Bedeutung dieses Bandes vertritt Mario Goldstein. Er setzt sich dafür ein, dass die Erinnerung und dass das Grüne Band bestehen bleiben. Aus einer Grenze, auf der viele Menschen ihr Leben verloren, wurde ein Zeichen der Versöhnung. Aus den einzelnen Ländern wurde ein gemeinsames Europa.

Die heutige Verantwortung von Europa ist es, diesen Frieden zu wahren. Europa sollte die Freiheit und Demokratie in der Welt verteidigen, unabhängig ob innerhalb oder außerhalb von Europa. Dazu gehört auch, dass Europa aufhört Afrika auszunutzen. Die ganzen Metalle, welche zum Bau von Handys verwendet werden, stammen aus Afrika und werden dort unter Schwerstbedingungen und absoluten Niedriglöhnen aus den Minen gefördert. Zudem beziehen wir Kakao, Kaffee und Kautschuk aus Afrika. Vom Geld bleibt im Anbauland quasi nichts. Europa sollte hier mehr zahlen. Schon ein paar Cent könnten in Afrika große Unterschiede machen. Das dieses Geld zum Infrastrukturaufbau verwendet wird sollte dann ebenfalls unterstützt und beobachtet werden.

Zudem sollte Europa größtenteils selbst produzieren. Dazu gehört es die Pharmaindustrie zurück nach Europa zu holen und den Lebensmittelanbau auch größtenteils direkt hier zu haben. Dadurch gibt mehr saisonale Nahrung, was die Auswahl einschränkt, dafür fallen lange Transportwege und übermäßige Pestizidenverwendung weg, was auch der Umwelt zugutekommt.

Außerdem besteht so keine große Abhängigkeit von anderen Ländern. Es entsteht eine unabhängige Wirtschaft. So kann gegen mögliche Korruption vorgegangen werden. Bestünde eine wirtschaftliche Abhängigkeit von einem korrupten Land, so ist das Risiko größer, dass nichts gegen die Korruption getan wird.

Für den Kampf gegen Korruption und für die Demokratie ist eine souveräne Politik nötig, die nicht durch Lobbyismus zersetzt wurde. Die Politik sollte nicht den Interessen von großen Firmen gehorsam leisten, sondern gerecht die Interessen der Menschen, sowie die Rechte von Mensch und Tier vertreten.

Zum Kampf gegen Korruption gehört es auch, Drohnenangriffe, die von Rammstein aus gesteuert werden nicht zuzulassen. Wenn Europa für Freiheit und Demokratie einstehen will, soll es Drohnenangriffe, die gezielt Personen gegen das Völkerrecht ausschalten und viele Zivilisten töten nicht unterstützen.

Außerdem muss etwas gegen die Arbeitslager in China getan werden. Es darf nicht sein, dass diese Lager existieren, doch durch die wirtschaftliche Abhängigkeit wird nichts getan.

Zusätzlich sollten alle amerikanischen Atombomben aus Europa geschafft werden. Gegen die Atomwaffen in der ganzen Welt sollte etwas getan werden, doch dazu gehört auch selbst kein Unterstützer dieser Waffen zu sein, geschweige denn welche in Europa zu haben.

In den nächsten Jahren werden sehr viele Flüchtlinge nach Europa kommen. Um dies zu bewältigen und möglichst einzudämmen muss in den Heimatländern der Flüchtlinge geholfen werden. Es bringt nichts alle Flüchtlinge aufzunehmen, wenn die Quelle des Problems weiter existiert. Natürlich muss ihnen auch hier geholfen werden, doch das allein ist nicht die Lösung. Zudem sollte die Politik auf die Fluchtgründe der Flüchtlinge aufmerksam machen, um unnötigen Hass und populistische Hetze zu verhindern. Die Menschen sollen verstehen, dass die Flüchtigen auch nur Menschen sind, die leben wollen, die auch lieber eine sichere Heimat hätten.

Zum Klimawandel und der zunehmenden Umweltverschmutzung trägt Europa bei. Um daran etwas zu ändern, muss möglichst schnell auf erneuerbare Energien umgestiegen werden. Dazu gehört es aus der Kohleindustrie auszusteigen und keine weiteren Kraftwerke zu bauen. Um dies zu können, müssen mehr erneuerbare Energiequellen, wie z.B. tiefen Geothermie, Solarenergie oder Windenergie verwendet werden.

Zum Umweltschutz gehört aber auch auf unser Wegwerfverhalten zu achten. Jährlich fliegen etliche Tonnen gutes Essen weg. Diese Lebensmittel sollten entweder gespendet oder billiger verkauft werden. Es könnte auch mehr Aufklärung dazu geben, wie haltbar verschiedene Nahrungsmittel wirklich sind. Viele werfen Essen weg, wenn es das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten hat, obwohl es noch gut wäre.

Die Städte werden immer mehr zu kahlen Blockreihen, die an Gefängnisse erinnern und die Unmengen an Sand kosten. Es wäre sehr schön, wenn Architektur nicht immer praktisch, möglichst futuristisch und strikt gehalten wird, sondern auch schön, harmonisch und naturverbunden ist. Dies würde das Klima in den Städten verbessern. Dies betrifft zum einen die Temperatur, die durch mehr Grünanlagen und weniger Beton niedriger Gehalten wird, sowie das Klima zwischen den Menschen. Dadurch kann womöglich die Wichtigkeit der Natur in den Vordergrund gerückt werden, wodurch mehr Verständnis für Naturschutz und gesunde, saisonale Ernährung entsteht.

Alles in Allem ist Europa schon sehr weit gekommen. In Europa gibt es Frieden. Zwischen den Ländern besteht eine Freundschaft und wir haben die Möglichkeit uns frei zu entfalten. Trotzdem gibt es noch Dinge, die anders laufen könnten und anders laufen sollten. Der Klimawandel wird viele Bereiche der Erde unbewohnbar machen, was zu einer großen Flüchtlingswelle führen wird. Europa hat die Verantwortung, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen, sowie den bedürftigen zu helfen.

Dafür ist aber nicht nur die Politik, sondern auch wir verantwortlich. Wir entscheiden, wen wir wählen, was wir kaufen und wie wir handeln. Dies hat auch Einfluss, auf das was geschieht und was geschehen wird und dessen sollten wir uns bewusst sein. Mario Goldstein ist eine einzelne Person, mit einer individuellen Vergangenheit. Genau wie er hat jeder seine Geschichte und all diese Geschichte zusammen machen Europa aus. Somit kann jeder seinen Teil betragen und mithelfen die Zukunft besser zu machen.

Europabezugwarum ist eine respektvolle Streitkultur in Europa, auch in den sozialen Medien, wichtiger ist denn je?

(Raffael Weinert)                                 

Das Gedicht soll aufzeigen, dass wir immer mehr den Bezug zueinander und zur Natur verlieren. Es geht immer mehr darum mehr zu besitzen, besser zu sein und zu zeigen wie gut man ist. Der Schein etwas zu sein wird wichtiger als das eigentliche Sein. Es wird immer mehr an sich selbst gedacht. Auch durch soziale Medien verlieren wir den echten persönlichen Kontakt zueinander. Im Internet wird man viel schneller unhöflich und rücksichtslos, da man sein gegenüber nicht wahrnimmt. Und so hält jeder sein Handeln für gut, auch wenn es nur einem selbst nutzt. Den Bezug dazu, etwas rein aus Nächstenliebe oder Freude an der Sache zutun, darf nicht verloren gehen.

Der Mensch besitzt so viele Besonderheiten. Er kann Lernen, kann sich erinnern, durch Sprache diese Erinnerung weitergeben und kann damit die Zukunft aufgrund der nicht vergessenen Vergangenheit verbessern. Der Mensch kann über die Tiere und die Natur richten, kann sie aber auch behüten und sein Leben dazu widmen, diese zu schützen. Wir haben hier in Europa zum Glück nicht mehr die Not, täglich sorge um Essen, um die körperliche Sicherheit zu haben. Dafür verliert das Leben auch an Sinn.

Doch der Mensch hat die Kraft zu entscheiden, sich selbst Ziele zu setzen. So kann er die Natur beschützen, seine Kraft dazu nutzen gutes zutun, Freude zu machen. So bekommt das Leben einen Sinn.

Auf Dauer kann es so nicht weiter gehen. Der Hass zerstört das Miteinander und dies hat keine Zukunft. Dazu gehört aber auch die allgemeine Haltung. Der Mensch wird als Mittelpunkt gesehen, als wertvollstes leben, wobei die Natur zurückbleibt. 

Wir sollten anfangen wieder in einen Diskurs zu kommen, Probleme sachlich anzusprechen, ohne dass sich jemand bei Kritik direkt angegriffen fühlt und ohne dass die Persönlichkeit des anderen verletzt wird. Zu diesem Diskurs gehört eine respektvolle Haltung zueinander und zur Natur, denn diese geht auch immer mehr verloren. Somit liegt es an uns heute, die Zukunft zu gestalten. Wir haben in der Hand, wie diese Zukunft aussehen soll, darüber sollten wir uns bewusst sein und verantwortungsvoll handeln.

Portrait von Mario Goldstein   (Raffael Weinert)

Bildnerischer Wettbewerbsbeitrag von Herrn Weinert

Zu Mario Goldstein

Mario Goldstein ist in der DDR, nahe der Deutsch-Deutschen Grenze im Vogtland geboren. Er wollte aus der DDR raus, was die Stasi mitbekam und wodurch er mit 15 Jahren für 10 Wochen inhaftiert wurde. Mit 18 versuchte er zu fliehen, wurde jedoch geschnappt und für 2 Jahre Gefängnis verurteilt. Nach 6 Monaten Haft wurde er von der BRD freigekauft und kam schließlich in den Westen.

In der DDR entstand in ihm ein Wunsch nach Freiheit. Zunächst versuchte er sich nun als Unternehmer, was ihm auch gelang. Jedoch wollte er hinaus in die Welt, Freiheit erleben. Und so verkaufte er seinen kompletten Besitz in Deutschland und fuhr 7 Jahre in einem Katamaran über die Meere. 

Nach dieser Reise kehrte er zurück nach Deutschland, wo es ihn aber auch nicht hielt. Er kaufte einen umgebauten alten Wasserwerfer der Polizei und fuhr mit diesem 12000 Km durch Iran und Pakistan bis Indien, wo er den Dalai-Lama traf. 

2016 reiste er das Grüne Band entlang, welches am Todesstreifen, an der ehemaligen Deutsch-Deutschen Grenze, sowie am kompletten Eisernen Vorhang gewachsen ist. Dort sprach er mit ehemaligen Bewohnern der DDR, mit Flüchtlingen und sogar mit Soldaten. Dabei setzte er sich mit seiner eigenen Erinnerung an diese Zeit, mit den Verschiedenen Sichtweisen und mit der neu entstandenen Natur auseinander. 

Die Idee des Grünen Bandes kam vom BUND, welcher den verwildernden Grenzstreifen der Deutsch-Deutschen Grenze als Naturschutzgebiet sichern wollten. 2004 wurde in einer Konferenz in Ungarn über das „Grüne Band Europa“ diskutiert und die Grundlagen zum Projekt beschlossen.

Mario Goldstein setzt sich für das Grüne Band und für den Frieden in der Welt ein. Er hat eine sehr bewegte und interessante Lebensgeschichte. Er ist keine Person, die man aus Geschichtsbüchern kennt, die man direkt erkennt, wenn man sie sieht. Doch er ist, ein Teil der Geschichte, die Europa zu dem macht, was es heute ist. Er hat den Wandel von Gefangenschaft zu Freiheit erlebt. Diesen Wandel sollte Europa schützen und in die Welt tragen. Deshalb habe ich ihn als Motiv gewählt.

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